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N A. B Ein iranisches Salname
für das Jahr 1987/88 a. Chr. n.
Gliederung

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Einleitung

Kalender, in denen neben chronologischen Angaben auch allerlei Vorhersagen verzeichnet sind, erfreuten sich im Abendland großer Beliebtheit, und auch heute noch mag der eine oder andere an die Wetterprognosen des hundertjährigen Kalenders glauben. Auch im Orient waren derartige Volkskalender, im Persischen "Salname" genannt, verbreitet, und sind es auch heute noch, wie ein in Teheran gedruckter Kalender für das Jahr 1987/88 zeigt.

Schon das Titelblatt verdient einige Aufmerksamkeit. Bearbeitet wurde dieses Salname von einem gewissen Hâdschdsch Mîrzâ Isma'îl, einem Enkel des "Reichsastrologen" (nadschm al-mamâlik) Misbah, der in einem Geleitwort der Hoffnung Ausdruck gibt, dieses Erbe der Vorfahren möge weitergeführt werden. Die Echtheit des Traktates kann auch nur dann garantiert werden, wenn das jeweilige Exemplar von Hand mit einem Stempel des "nadschm al-mamâlik" versehen wurde. Hinzu kommt, daß jedes einzelne Heftchen handschriftlich durchnumeriert wurde, bei einer offensichtlichen Auflage von über 70.000 Stück sicherlich keine Selbstverständlichkeit. All dies soll wohl die Einmaligkeit des Werkes und seine Fundiertheit insbesondere auch bezüglich der astrologischen Aussagen bekräftigen.


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Kalendarische Angaben

Den Hauptteil dieses Werkes machen die Angaben zum Kalender aus. Insgesamt acht verschiedene Kalenderstile werden parallel nebeneinander dargestellt. Der Kalender beginnt mit dem iranischen Newruz des Jahres 1366 (hidschri schamsi), das auf den 20. Radschab (islamisch) bzw. auf den 21. März gregorianisch fällt. Als Richtschnur für die Aufteilung der Tagestabellen dienen die islamischen Monate. Die erste Seite dieser Vergleichstabellen enthält die Tage vom 20. Radschab bis zum Monatsende, von da an werden jeweils auf einer Doppelseite auf der einen Hälfte die Tage vom Monatsersten bis zum 15. des Monats, auf der gegenüberliegenden Hälfte die Tage vom 16. bis zum Monatsletztem dargestellt. Die zu den einzelnen Monatstabellen gehörigen Jahreszählungen finden sich in der Kopfleiste. Im folgenden sollen nun die einzelnen Kalenderstile beschrieben werden.

Der islamische Kalender

Wie allgemein bekannt richtet sich der Monatsbeginn im islamischen Kalender nach dem Neulicht, d. h. nach dem ersten Auftauchen der schmalen Mondsichel nach Neumond. Diese Erscheinung muß in der Regel durch zwei Augenzeugen für ein bestimmtes Gebiet manifestiert werden. Der zyklische islamische Kalender, wie er auch den gebräuchlichen Umrechnungstabellen zugrunde liegt, setzt den Monatsbeginn zuweilen einen Tag zu früh oder zu spät an, da die zahlreichen Störungen der Mondbahn zyklisch nicht zu erfassen sind. Seit geraumer Zeit werden daher im Orient Kalender unter Zuhilfenahme astronomischer Berechnungen erstellt. Sie sind sicherlich viel genauer als die traditionellen Tabellen, dennoch dürfte nicht immer gewährleistet sein, daß die Mondsichel am Monatsersten auch wirklich sichtbar ist, selbst wenn man atmosphärische Trübungen nicht berücksichtigt. Der hier abgedruckte Kalender scheint auf modernen astronomischen Berechnungen der Sonnen- und Mondbahn zu beruhen. Er kann selbstverständlich nur für den Iran gelten und darf nicht ohne weiteres auf andere islamische Länder übertragen werden.

Iranische Kalenderstile

Bezüglich des altiranischen Kalenders, wie er vor dem Untergang des Sassanidenreiches üblich war, gibt es noch einige Unklarheiten. Ursprünglich handelte es sich hier um einen Sonnenkalender mit 12 Monaten zu je 30 Tagen sowie 5 Zusatztagen (Epagomenen). Der Jahresanfang lag in der Zeit des Frühlingsanfangs. Da dieses altiranische Jahr mit 365 Tagen um fast sechs Stunden kürzer war als das echte Sonnenjahr, verschob sich allmählich der Jahresanfang gegen den Frühlingspunkt. Zur Zeit der Sassaniden, zu Beginn des vierten Jahrhunderts nach Christus, wurde dieser Kalender dem Sonnenlauf dadurch angepasst, dass die Zusatztage wieder in die Nähe des Frühlingsäquinoktiums gerückt wurden. Dadurch entstand eine Zweiteilung des Kalenders. Der auf die Zusatztage folgende Monat war im religiösen Bereich der Frühlingsmonat Farwardin, im bürgerlichen Bereich blieb die alte Monatsbezeichnung erhalten. Um die von den Jahreszeiten abhängigen Feierlichkeiten korrekt abzuhalten, verschob man also nur die Zusatztage. Die Jahre wurden nach den Regierungsjahren der Herrscher gezählt.

Es ist klar, daß ein derartiger Kalender ein gut funktionierendes Staatswesen benötigt, denn die Überwachung und Korrektur des Kalenders war natürlich Aufgabe des Staates, im besonderen der Kaste der Priester und Astrologen.

Die Ära Jazdegard

Mit dem Eindringen islamischer Heerscharen und der Zerstörung des Sassanidenreiches konnte der alte Kalender nicht mehr fortgeschrieben und korrigiert werden. Es wurden keine Schaltungen mehr durchgeführt, die Epagomenen blieben bei jenem Monat, bei dem sie zu diesem Zeitpunkt standen. Die Zeitrechnung nach der Ära Jazdegard ist somit ein Sonnenkalender mit 12 Monaten zu je 30 Tagen und fünf Zusatztagen, die dem achten Monat Aban angehängt wurden. Der Jahresanfang verschiebt sich wiederum durch die Jahreszeiten. Die Jahreszählung beginnt mit dem Jahr des Regierungsantritts von Jazdegard III. Der Farwardin 1 entspricht dem 16. Juni 632 (julianisch). In späteren Zeiten wurden die Epagomenen häufig auch an das Ende des Jahres gestellt.

Im vorliegenden Salname wird diese Zeitrechnung korrekt (in der alten Form) wiedergegeben. Sie wird sowohl hinsichtlich der Jahreszählung wie auch hinsichtlich der Monatsbezeichnung als "fars-e qadim" bezeichnet. Die Monatsnamen entsprechen der heute im Iran üblichen Form.

Die Ära Dschelal ed-Din's

Es ist klar, daß ein Kalender, dessen Jahresanfang in 1460 Jahren einmal alle Jahreszeiten durchläuft, für praktische Zwecke wie für die Festlegung der Steuertermine sehr unbefriedigend sein mußte. Der große Seldschukenherrscher Dschelal ed-Din Malik Schah reif daher gegen Ende des 11. Jahrhundert eine Kommission von führenden Mathematikern und Astronomen ein, der auch Omar Khayyam angehört haben soll, und stellte ihr die Aufgabe, den Kalender zu reformieren. Das Ergebnis war folgender Kalender: Der Jahresanfang (1. Farwardin) wird auf den Tag des Frühlingsäquinoktiums gelegt. Die 12 Monate haben weiterhin 30 Tage, die fünf Epagomenen werden an das Ende des Jahres gelegt. Um eine Verschiebung des Jahresanfangs zu verhindern wurde immer dann ein 6. Zusatztag angehängt, wenn eine Abweichung des Frühlingspunktes vom Jahresanfang drohte. Über die Einzelheiten dieser Schaltung herrscht noch Unklarheit, die Quellen sind widersprüchlich. Fest steht, daß nach einer gewissen Anzahl von vierjährigen Schaltintervallen ein fünfjähriges Schaltintervall folgte. Einen recht guten Zyklus erhält man, wenn man nach sieben Schaltungen, also nach 28 Jahren, das nächste Schaltjahr um ein Jahr aufschiebt. Es ist zu vermuten, daß bei der Festlegung der Schaltjahre sowohl theoretisch-chronologische Berechnungen wie auch praktisch-astronomische Beobachtungen eine Rolle spielten. Da der genaue Jahresanfang nachträglich nicht festgestellt werden kann, lassen sich in diesem Stil angegebene Datierungen in der Regel nicht eindeutig bestimmen, sofern nicht der Wochentag angegeben ist.

Die Kalenderreform trat im 7. Jahr der Herrschaft Malik Schah´s im Jahre 1079 a. Chr. n. in Kraft. Der 1. Farwardin 1 dieses Stiles entspricht dem 15. März 1079 julianisch, das ist der 21. März 1079 gregorianisch.

Im vorliegenden Salname werden die Monate als "mâh -e dschalâlî wa zardoštî" bezeichnet, die Namen der Monate sind in der heute im Iran üblichen Schreibung wiedergegeben. Die entsprechende Jahreszählung in der Kopfleiste trägt die Bezeichnung "dschalâlî".

Der neu-iranische Kalender

Im Jahre 1925 wurde im Iran ein Kalender eingeführt, der in vielem eine Restaurierung des gerade beschriebenen Stiles bedeutete. Der Jahresanfang (1. Farwardin) liegt weiter am Tage des Frühlingsbeginns. Die Epagomenen wurden abgeschafft. Nun haben die ersten sechs Monate je 31 Tage, die folgenden fünf Monate je 30 Tage und der letzte Monat im Gemeinjahr 29 und im Schaltjahr 30 Tage. Die Jahreszählung erfolgt in Sonnenjahren beginnend mit dem Jahr der Hidschra des Propheten, Epoche ist also der 18. März 622 julianische beziehungsweise der 21. März gregorianisch.

Über die Schaltregel dieses Kalenders kann noch nichts abschließendes gesagt werden. Derzeit liegt der Jahresanfang immer auf dem 21. März. Jedes vierte Jahr ist ein Schaltjahr, das iranische Jahr läuft parallel zu dem des gregorianischen Kalenders. Offensichtlich lag bei Einführung des Kalenders 1925 der Jahresanfang in Jahren nach dem iranischen Schaltjahr jedoch am 22. März, das iranische Schaltjahr ging dem gregorianischen um ein Jahr voraus. Zwischen 1959 und 1964 mußte ein fünfjähriges Schaljahr eingeschoben worden sein. Demnächst wird nach einem weiterem fünfjährigen Schaltintervall ein Jahresanfang auch am 20. März vorkommen.

Dieser Kalenderstil wird im vorliegenden Salname als "bâstânî" (antik, klassisch, im Gegensatz zu "fârs-e qadîm", altpersisch) bezeichnet, die dazugehörige Jahreszählung als "schamsî" (Sonnenjahr).

Der gregorianische Kalender

Selbstverständlich findet sich auch der heute allgemein verbreitete gregorianische Kalender im vorliegenden Salname. Die Monatsnamen, bezeichnet als "mâh-e firânse". werden wie im Persischen allgemein üblich in der dem Französischen nachempfundenen Form wiedergegeben. Die Bezeichnung des dazugehörigen Jahres ist "masîhî" (christlich). Der Kalender ist korrekt wiedergegeben, was bei iranischen Publikationen keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist.

Der türkische Kalender

Hierunter werden nicht die im Osmanischen Reich verwendeten Zeitrechnungen verstanden sondern der Kalender der zentralasiatischen Türken. In den den eigentlichen Tagesübersichten vorangestellten allgemeinen Tabellen und Abhandlungen ist ein eigenes Kapitel der Jahreszählung nach dem türkischen Tierzyklus gewidmet. Hier heißt es, bei den Uiguren und Qiptschaken in Turkestan gäbe es einen 12-jährigen Zyklus, in dem jedes Jahr nach einem bestimmten Lebewesen benannt sei. Aus dem Charakter dieser Tieres könne man dann auch auf den Charakter des Jahres schließen. Der Zyklus beginne mit dem Mausejahr, das derzeitige Jahr, ein Hasenjahr, sei das vierte in diesem Zyklus. Die Namen der den einzelnen Jahren zugeordneten Lebewesen sind in einer Skizze in ihrer türkischen Form mit persischen Entsprechungen wiedergegeben. Sie lauten: Maus (Ratte), Ochse (Stier), Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Schaf (Ziege, Widder), Affe, Hahn (Henne), Hund und Schwein (Eber).

Interessant ist nun, was über den Jahresanfang im vorliegenden Salname berichtet wird. Demnach wurde jedes Jahr, wenn die Sonne mitten im Zeichen des Wassermanns stand, eine Versammlung einberufen, die den Beginn des neuen Jahres festzulegen hatte. Die genauen Details dieser Regelung sind noch unklar, fest steht jedenfalls, daß es sich um einen lunisolaren Kalender handelt, einem Kalender also, der Sonnenjahr und Mondmonate miteinander in Einklang zu bringen sucht. Die Monate haben folgende Bezeichnungen: Arâm, Ikindi ay, Uçunci ay, Durtunci ay, Bešinci ay, Altinci ay, Yedinci ay, Sekinci ay, Tuqunci ay, Onunci ay, Onikinci ay, Çaqšâbât ay. Mit Ausnahme des ersten und des letzten Monats werden die Monate bei den Uiguren einfach durchgezählt. Ähnlich wie im chinesischen Kalender, mit dem die uigurische Zeitrechnung eng verwandt sein dürfte, beginnen die Monate mit dem Tag des (astronomischen) Neumondes, nicht, wie sonst bei Mondmonaten üblich, mit dem Tag des Neulichts.

Die folgende Tabelle zeigt das Mondalter zu Monatsbeginn (Vorabend 19.00 Uhr) nach den Daten des vorliegenden Salname's:

Neumond islamischer Kalender türkischer Kalender Differenz
astronomisch Monatsbeginn Mondalter
Vorabend
19:00 Uhr
Monatsbeginn Mondalter
Vorabend
19:00 Uhr
in Tagen
29.03. 16:16 Uhr 31.03. 26h 44m 31.03. 26h 44m 0
28.04. 05:04 Uhr 30.04. 37h 56m 30.04. 37h 56m 0
27.05. 18:43 Uhr 29.05. 24h 17m 29.05. 24h 17m 0
26.06. 09:07 Uhr 28.06. 33h 53m 27.06. 9h 53m -1
26.07. 00:07 Uhr 28.07. 42h 53m 27.07. 18h 53m -1
24.08. 15.29 Uhr 26.08. 27h 31m 25.08. 3h 31m -1
23.09. 06.38 Uhr 25.09. 36h 22m 23.09. -11h 22m -2
22.10. 20.58 Uhr 25.10. 46h 02m 23.10. -1h 02m -2
21.11. 10.03 Uhr 23.11. 32h 57m 22.11. 8h 57m -1
20.12. 21.55 Uhr 23.12. 45h 05m 21.12. -2h 05m -2
19.01. 08.56 Uhr 21.01. 34h 04m 20.01. 10h 04m -1
17.02. 19.24 Uhr 19.02. 23h 36m 19.02. 23h 36m 0
18.03. 05.32 Uhr 20.03. 37h 28m 19.03. 13h 28m -1

Obige Tabelle ist also wie folgt zu lesen: Am 29. März um 16.16 Uhr Mittlerer Iranischer Zonenzeit war Neumond. Das Salname legt den ersten Tag des islamischen Monats, in diesem Beispiel den 1. Schaban, auf den 31. März. Am Vorabend, am 30. März um 19.00 Uhr waren 26 Stunden und 44 Minuten verstrichen. Den Anfang des türkischen Monats, in diesem Fall des Uçunci ay, war ebenfalls am 31. März, um 19.00 Uhr des Vorabends waren ebenfalls 26 Stunden und 44 Minuten verstrichen, die Differenz zwischen islamischen und türkischen Monatsbeginn waren 0 Tage.

Obwohl man, wie nicht häufig genug betont werden kann, nicht allein vom Mondalter auf die Sichtbarkeit der Mondsichel schließen kann, zeigt obige Tabelle deutlich, daß dem islamischen Kalender kein zyklischer Kalender zugrunde liegen kann. Der Beginn der türkischen Monate scheint dagegen zyklisch ermittelt worden zu sein, anders lassen sich die starken Abweichungen vom wahren Mondlauf nicht erklären. Welche Tabellen hierbei benutzt wurden, kann nicht gesagt werden. Man kann nur vermuten, daß sich der Verfasser des Salname's bei seinen Ausführungen über den türkischen Kalender auf die Darstellungen Ulugh Beg's bezieht, den er an anderer Stelle auch einmal namentlich erwähnt.

Sehr unsicher ist, nach welchen Regeln der Schaltmonat zur Angleichung des Mondjahres an das Sonnenjahr eingefügt wurde. Da der türkische Kalender sehr eng mit dem chinesischen Kalender verwandt ist, könnte die Schaltung nach dessen Vorbild durchgeführt worden sein. Die Chinesen berechnen zum einen den Lauf des Mondes, um den Monatsanfang bestimmen zu können, sie beobachten aber auch sehr genau den Lauf der Sonne. Fallen nun zwei Neumonde in einem Zeitraum, in dem die Sonne noch im gleichen Tierkreiszeichen oder Sonnenmonat steht, so wird der zweite Monat zum Schaltmonat erklärt.

Beispiel:
Tierkreis: II III IV V
Monat: 6 7 Schaltmonat 8 
Neumond: * * * * 

Es wird also bei den Chinesen immer dann sofort eine Schaltung durchgeführt, wenn Sonnen- und Mondjahr voneinander abzuweichen drohen. Eine solche Schaltung setzt natürlich eine sorgfältige Beobachtung des Himmels und eine regelmäßige Überwachung des Kalenders voraus, und somit nicht zuletzt auch ein funktionierendes Staatswesen, das für die Verkündung und Durchsetzung des Kalenders sorgt. Ob dies alles für die zentralasiatischen Türken zutrifft, mag zumindest füe manche Zeiten dahingestellt bleiben. Hinweise darauf, daß die Uiguren eine zyklische Schaltung benutzten, z. B. 3 Schaltmonate in 8 Jahren oder 7 Schaltmonate in 19 Jahren, fanden sich bisher nicht.

Das Hasenjahr 1987/88 ist jedenfalls nach vorliegendem Salname kein Schaltjahr. Im iranischen Bereich dürften Datierungen nach türkischen Monaten eher selten sein. Weit verbreitet war und ist hingegen der Gebrauch des zentralasiatischen Tierzyklus von 12 Jahren. In persischen Quellen des Mittelalters aber auch der jüngeren Zeit findet er sich immer wieder.

Die Sonnenmonate

Eine weitere Spalte der Tagesübersicht in diesem Salname trägt die Bezeichnung Sonnenmonate (mâh-e šamsî). Die einzelnen Monate führen die Namen der Tierkreiszeichen. Es handelt sich hier um einen dem wahren Sonnenlauf angepaßten Kalender wie er heute noch in Afghanistan in Gebrauch ist. Gleich dem iranischen Kalender beginnt das Jahr mit dem Tag, an dem die Sonne den Frühlingspunkt erreicht, also in das Tierkreiszeichen des Widders eintritt. Die Dauer der Monate ist nun der Verweildauer der Sonne im jeweiligen Tierkreiszeichen angepaßt. Anfang Januar steht die Sonne der Erde am nächsten, ihre Bahngeschwindigkeit ist dann auch am größten mit ungefähr 1 Grad und 1 Minute pro Tag. Anfang Juni hingegen, wenn die Sonne ihren erdfernsten Punkt erreicht hat, legt sie pro Tag nur rund 57 Minuten zurück, braucht also dementsprechend länger, um 30 Grad auf der Ekliptik zurückzulegen. Für die Sonnenmonate ergeben sich dann die folgenden Längen: Widder (30 Tage), Stier (31), Zwillinge (31), Krebs (32), Löwe (31), Jungfrau (31), Waage (30), Skorpion (30), Schütze (30), Steinbock (29), Wassermann (30), und Fische (30). Schaltmonat ist der letzte Monat, der auch 31 Tage haben kann. Im vorliegenden Salname beginnt das Sonnenjahr am 21. März 1987 und endet mit dem 20. März 1988, ist also ein Schaltjahr zu 366 Tagen.

Die Seleukidische Ära

Eine weitere Spalte der Monatsübersicht des vorliegenden Salname´s ist der seleukidischen Ära gewidmet. Die Monate werden bezeichnet als byzantinisch-russisch ( mâh-e rûmî wa rûsî), die Jahre einfach als byzantinisch (rûmî). Diese Zeitrechnung geht zurück auf den Beginn der Herrschaft des ehemaligen Generals Alexander des Grossen Seleukos Nikator übetr Babylon. Sie war im gesamten Orient und auch zum Teil im Westen bei Christen und Muslimen gleich beliebt und weit verbreitet. Von den Muslimen wird sie auch als târîh-e Iskender oder, infolge einer Verwechslung mit Alexander d. Gr. als târîh-e Dhûl-qarnain bezeichnet.

Wie in Syrien damals wahrscheinlich allgemein verbreitet, liegt der Jahresanfang im Herbst am 1. Oktober. Epoche dieser Zeitrechnung ist somit der 1. Oktober 312 a. Chr. n. Abgesehen vom Jahresanfang und der Jahreszählung ist dieser Kalender absolut identisch mit der julianischen Zeitrechnung. Der Schaltmonat liegt also mitten im Jahr bei jenem Monat, der dem Februar entspricht. Die syrisch-arabischen Ortsnamen lauten folgendermaßen (in Klammern die entsprechenden julianischen Monate): tišrîn-e awwal (Oktober), tišrîn-e ahar (November), kânûn-e awwal (Dezember), kânûn-e ahar (Januar), šubat (Februar), azar (März), nîsân (April), hazîrân (Juni), tamûz (Juli), âb (August), eilûl (September).


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Astronomische und astrologische Angaben

Der Jahresanfang

Wie in iranischen Kalendern und auch in alten Chroniken üblich wird dem genauen Zeitpunkt des Jahreswechsels große Aufmerksamkeit gewidmet. Definiert ist er als der Moment, in dem die Sonne in das Zeichen des Widders eintritt, oder, anders gesagt, als der Augenblick, in dem die Sonne auf ihrer aufsteigenden Bahn im Frühling genau im Schnittpunkt von Ekliptik und Himmelsäquator steht. Dieses Ereignis ist natürlich unabhängig vom Standpunkt des Beobachters auf Erden, es findet für alle Erdenbewohner gleichzeitig statt. Lediglich die Uhrzeit, die hierfür angegeben wird, variiert nach der geographischen Lage. Bei jeder Zeitangabe muß daher bekannt sein, worauf sie sich bezieht.

Heute wird die gesamte Erde in verschiedene Zeitzonen unterteilt, die dann immer für ein mehr oder weniger großes Gebiet gelten. Die für den Iran gültige Normalzeit geht der Weltzeit (UTC) 3 ½ Stunden voraus, das heißt, wenn in London 12.00 Uhr ist, ist es im Iran bereits 15.30 Uhr. Die Einrichtung von Zeitzonen ist eine recht junge Errungenschaft. Früher richtete man sich nach der wahren oder der mittleren Ortszeit. Bei der wahren Ortszeit, der Zeit, die auch die Sonnenuhren anzeigen, steht die Sonne am Mittag genau im Süden. Wegen der ungleichmäßigen Geschwindigkeit der Sonne bei ihrem scheinbarem Lauf um die Erde und weil die Sonnenbahn nicht in der Äquatorebene liegt kommt es allerdings zu unterschiedlich langen Tagen. Daher wurde die mittlere Zeit eingeführt, die von einer gleichmäßig laufenden "mittleren" Sonne ausgeht.

Nach modernen astronomischen Jahrbüchern war 1987 der Eintritt der Sonne in das Zeichen des Widders am 21. März um 3.52 Uhr (UTC), das ist um 7.22 Uhr iranischer Normalzeit. Mittlere Ortszeit und wahre Ortszeit differieren an diesem Tag um 7.4 Minuten, das heißt 12.00 Uhr wahrer Ortszeit entsprechen 12.07 Uhr mittlerer Ortszeit.

Ein im Iran gedruckter kleiner Taschenkalender gibt an, der Jahreswechsel fände um 7h 22 min 8 sec statt. Es ist anzunehmen, daß sich diese Angabe auf iranische Normalzeit bezieht.

Im vorliegenden Salname ist dem genauen Zeitpunkt des Jahreswechsel ein eigenes Kapitel gewidmet. Hier heißt es, der Eintritt der Sonne in den ersten Punkt des Widders werde sein:

am Samstag dem 20. Radschab nach der (iranischen) Ortszeit um 7h 21m 55s des Morgens nach den Berechnungen der astronomischen Tabelle des Muhammad Schâhî, die im Iran gebräuchlich sind,

nach den astronomischen Tabellen Bahâddur´s, die zu den exaktesten indischen Tabellen zählen, um 7h 18m 55s des Samstag morgens,

nach den abendländisch-gregorianischen Tabellen um 7h 37m 59s des Samstag morgens,

nach den astronomischen Tebellen des Ulugh Beg Gûrgânî, den ältesten Tabellen, um 7h 20m 45s in der Frühe des Samstags.

Demzufolge sei dieser Samstag der 1. Farwardin des neuiranischen (klassischen) Kalenders und der Neujahrstag der Ära Dschelâl ed-Dîn´s, der gleichzusetzen sei mit dem 20. Radschab (islamisch), dem 21. März 1987 abendländisch, dem 8. Azar 2298 der alexandrinischen Ära und dem 29. Aban des altiranischen Kalenders und dem Jahre 909 der dchelalischen Rechnung.
Die Zeit des Jahreswechsels ist:
nach der Ortszeit London um 3h 51m 55s Samstag nach Mitternacht
nach der Ortszeit Berlin um 4h 51m 55s Samstag nach Mitternacht
nach der Ortszeit Maschhad um 7h 53m 55s Samstag Morgen
nach der Ortszeit Isfahan um 7h 23m 55s Samstag Morgen.

Ferner findet sich im Salname eine Tabelle, die die Zeit des Jahreswechsels für bestimmte Städte in Ortszeit angibt. Hier nur einige Beispiele:

Isfahan: 7.23 Uhr   Ahvas: 7.11 Uhr
Bagdad:: 6.53 Uhr   Tabriz: 7.00 Uhr
Rascht: 7.14 Uhr  Zahedan: 8.00 Uhr
Schiraz: 7.26 Uhr  Mekka: 8.07 Uhr

Die im Salname gemachten Zeitangaben sind in sich widersprüchlich und verwirrend. Wie bereits gesagt fand der Jahreswechsel nach Angabe astronomischer Jahrbücher um 3.52 Uhr UTC statt, also um 7.22 Uhr iranischer Zonenzeit. Ober der genaue Termin fünf Sekunden früher oder acht Sekunden später lag, kann nicht beurteilt werden. Wenn überhaupt, dann spielt eine derartige Genauigkeit nur dann eine Rolle, wenn sie sich auf die Normalzeit bezieht. Genau wie beim Jahreswechsel im Westen beobachten auch im Iran viele Leute den Sekundenzeiger einer Uhr im Fernseher, um ihre Glückwünsche sekundengenau aussprechen zu können. Eine derartige Genauigkeit wird aber unsinnig, wenn man sie auf (wahre oder mittlere) Ortszeit bezieht, denn 5 Sekunden entsprechen einer Strecke von weniger als 2 km in Ostwestrichtung. Zeitangaben nach Ortszeit in diesem Salname dürften ein Überbleibsel aus alter Zeit sein. Auch im Iran dürfte die Bevölkerung ihre Uhren nach den Zeitsignalen in Radio oder Fernsehen richten. Diese Tabellen werden daher viele verwirren, suggerieren sie doch dem in diesen Fragen nicht so Bewandertem, der Jahreswechsel würde an verschiedenen Orten zu unterschiedlicher Zeit stattfinden.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Rätsel. Die iranische Nomalzeit bezieht sich genau auf die östliche Länge 52.5 Grad. Somit ergeben sich folgende Zeitdifferenzen: Teheran -4.2m, Isfahan -3.3m, Ahvas ­14.9m, Bagdad -32.1m, Tabriz -24.9m, Rascht -11.4m, Zahedan +33.8m, Schiraz +0.5m, Mekka ­50.8m. Schaut man sich nun die obige Tabelle an, so zeigt sich, daß der Jahresanfang falsch angesetzt wird, und zwar um 4 bis 5 Minuten. Es drängt sich die Vermutung auf, daß der Bearbeiter die mittlere Ortszeit Teherans mit der iranischen Normalzeit gleichgesetzt hat und seine weiteren Berechnungen darauf aufbaute. Bei Mekka (auch bei Jiddah usw.) dürfte er zusätzlich mit den Zeitzonen nicht zurecht gekommen sein. Es fällt sehr schwer, dem Verfasser des Salname´s einen so simplen und grundsätzlichen Fehler zu unterstellen, eine andere Erklärung kann jedoch nicht gesehen werden.


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Die Stellung der Gestirne

Im vorliegenden Salname sind auch die Stellungen der wichtigsten Himmelskörper verzeichnet. Für den Mond, der sich ja schnell über den Himmel bewegt, erfolgen die Angaben täglich, für Sonne, Saturn Jupiter, Mars, Venus und Merkur finden sich die Positionen für den Neujahrstag sowie für jeden 5. und 15. des (islamischen) Monats. Für die Sonne, die ja am Neujahrstag in das Zeichen des Widders eintritt und deren Bewegungen leicht zu berechnen sind, dürften die Angaben stimmen. Anders sieht es jedoch bei den Planeten aus. Nach dem Salname steht der Saturn am 21. März 1 Grad im Zeichen des Krebses, hat also eine ekliptikale Länge von 91 Grad. Nach den astronomischen Jahrbüchern hat er jedoch in diesem Moment eine Länge von 261.23 Grad, steht also 21 Grad im Zeichen des Schützen, ein gewaltiger Unterschied. Diese Differenz verringert sich in den folgenden Monaten leicht, steigt später im Jahr jedoch wieder an, da auch die Rückläufigkeit des Saturns falsch angesetzt wird. Von der Venus behauptet das Salname, sie stünde am 21. März 24 Grad im Zeichen der Fische, moderne abendländische Astronomen vermuteten sie zu diesem Zeitpunkt 20 Grad im Zeichen des Wassermanns, ein Unterschied von 34 Grad. Diese Differenz verringert sich dann kontinuierlich, da der Lauf der Venus im Salname viel langsamer angenommen wird, als er in Wirklichkeit ist, bis im November Salname und moderne Sterntafeln übereinstimmen. Auch bei der Venus wird die Rückläufigkeit falsch angesetzt. Es wurde darauf verzichtet, auch die Stellung der anderen Planeten zu berechnen und zu überprüfen. Daß beim Mond die Stellung einigermaßen angegeben zu sein scheint, sofern man die Angaben auf das Sternbild (nicht das Tierkreiszeichen !) bezieht, kann nach dem Gesagten nur Zufall sein.

Da nicht zu vermuten ist, daß der Bearbeiter des Salname´s nicht in der Lage gewesen sei, sich moderner astronomischer Tafeln zu bedienen, können die gezeigten Unterschiede nur dadurch erklärt werden, daß iranische Astrologen ihren Berechnungen andere Erkenntnisse zugrunde legen wie abendländische Astronomen.


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Weitere Aussagen des Salname's

Eine Fülle weiterer Angaben, auf die nicht näher eingegangen werden kann und die zum Teil recht obskuren Inhalts sind, finden sich im Salname. So erfordert es sicherlich eine große Vertrautheit mit übernatürlichen Dingen, um aus der Tabelle des Erscheinungsortes der unsichtbaren Geister Nutzen ziehen zu können. Für die Experten sei sie hier wiedergegeben:
Ost 1 9 1725
Nordost 2 10 1826
Nord 3 11 1927
Nordwest 4 12 2028
West 5 13 2129
Südwest 6 14 2230
Süd 7 15 23
Südost 8 16 24

Amüsant zu lesen sind die Vorhersagen. Der Verfasser ist überzeugt, daß dieses Jahr unter einem guten Stern stehe. Die Industrie werde aufblühen und die Ernten werden reichlich sein, die Macht und Stärke der Geistlichkeit werde gestärkt werden und die Kämpfer (die rechtgläubigen wohl nur) werden siegreich sein. Die Ungläubigen hingegen wird Furcht ergreifen und alle Zeichen deuten auf Schimpf und Schande für die USA und die UdSSR. Das Jahr ist inzwischen vergangen. Wieweit sich die Vorhersagen erfüllt haben, mag jeder selbst beurteilen.

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Die obigen Ausführen wurden im Jahr 1988 verfasst. Sie wurden im Mai 2009 nahezu unverändert ins Internet gestellt.


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