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N A. B | Iranische Zeitrechnungen
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Lunisolare Zeitrechnungen waren im Altertum weit verbreitet. In ihnen beginnt jeder Tag mit seinem Vorabend. Das Jahr hat 12 Monate. Jeder Monat beginnt mit dem Abend, an dem erstmals nach Neumond die schmale Mondsichel am Abendhimmel wieder sichtbar ist. Zwölf Mondmonate sind rund 11 Tage kürzer als ein Sonnenjahr. Um nun zu verhindern, dass der Anfang des Jahres und der Monate im Laufe der Zeit durch alle Jahreszeiten wandert, wurde alle zwei oder drei Jahre ein Schaltmonat eingeschoben. Im altpersischen Reich der Achämeniden (ca 556 bis 330 vor Christus) bildete ein derartiger Kalender nach babylonischem Vorbild die Grundlage der offiziellen Datierungen.
Damals wurden die Jahre nach den Regierungsjahren der Regenten gezählt. Dabei wurde das Jahr des Regierungsantritts eines Herrschers, das identisch ist mit dem letzten Jahr seines Vorgängers, das "Jahr der Thronbesteigung" genannt. Das erste Jahr des neuen Königs begann dann mit dem auf die Thronbesteigung folgendem Neujahrstag. Nach der Eroberung des Iran durch Alexander und seinem frühen Tod begann die Herrschaft der Seleukiden. Der erste Regent dieser Dynastie Seleukos Nikator übernahm den lunisolaren Kalender unverändert, allerdings wurden Ausgangspunkt für die Jahreszählung nun für alle Zeiten das Jahr der Eroberung Babylons durch Seleukos. Diese "seleukidischen Ära" beginnt demzufolge in den östlichen Provinzen und somit auch im Iran am 3. April des Jahres 311 v. Chr. Die Arsakiden (Parther, ca. 250 v. Chr. - 224 n. Chr.) schufen sich eine eigene Ära. Sie unterscheidet sich von der selukidischen Ära um genau 64 Jahre, das Jahr 1 der arsakidischen Ära entspricht dem Jahr 65 der seleukidischen Ära. Die Sassaniden (228 - 632 nach Christus) rechneten dann wieder nach den Regierungsjahren der Herrscher, nach der Islamisierung verbreitete sich die Zählung nach der Hidschra des Propheten.
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Unabhängig von dieser offiziellen lunisolaren Zeitrechnung war im Iran ein eigener Kalender entstanden, dem das Sonnenjahr zugrunde lag. Ursprünglich hatte das Jahr wohl 360 Tage, unterteilt in 12 Monate zu je 30 Tagen. An der Wende des 6. zum 5. vorchristlichen Jahrhunderts wurde die Jahreslänge durch Anfügung von fünf Zusatztagen erweitert auf 365 Tage. Der Neujahrstag lag damals in der Nähe des Frühlingsanfangs. Diese Zeitrechnung, die auch unter den nichtiranischen Völkern des Persischen Reiches weite Verbreitung gefunden hatte, blieb in dieser Form unverändert ohne jede Schaltung bestehen bis in das 3. Jahrhundert nach Christus.
Die Herrschaft des Sassaniden (228 - 632), führte zu eine Art Renaissance altiranischer Traditionen. Die Religion Zarathustras gewann den Rang einer Staatskirche, und so wurde auch deren Kalender zum offiziellen Staatskalender. Da das Kalenderjahr nahezu sechs Stunden länger war als das wahre Sonnenjahr hatte sich der Kalender im Laufe der Jahrhunderte um ungefähr sechs Monate gegen die Jahreszeiten verschoben. In der zaroastrischen Religion war aber die richtige Lage der Feiertage in Relation zu den Jahreszeiten von Bedeutung. Die Zeitrechnung musste daher den astronomischen Verhältnissen angepasst werden. Dies geschah einfach dadurch, dass man in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts die fünf Zusatztage verlegte vom Ende des 12. Monats an des Ende des sechsten Monats des folgenden Jahres. In der Mitte des 5. Jahrhunderts wurden die Zusatztage um zwei weitere Monate verschoben. Von da ab lagen sie zwischen dem achten Monat Aban und dem neunten Monat Azar. Sie lagen somit immer in der Nähe des Frühlingsanfangs.
Nach den alten religiösen Vorstellungen standen alle Fest- und Feiertage im Jahr in einem festen Verhältnis zueinander. Auf die Zusatztage musste der Neujahrstag folgen, von diesem wiederum hingen die Jahrpunkte ab. So bewirkte allein die Verschiebung der fünf Zusatztage eine Verlegung aller Feier- und Gedenktage in die entsprechende Jahreszeit.
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Mit dem Eindringen islamischer Heerscharen in den Iran und der Zerstörung des Sassanidenreiches konnte der alte Kalender nicht mehr fortgeschrieben und korrigiert werden. Der letzte sassanidische Herrscher Yazdegard III. war im Jahre 632 an die Regierung gekommen. Damals lagen die fünf Zusatztage wie gesagt nach dem achten Monat, der Jahresanfang war zu Beginn des Sommers. Da nun keine Schaltungen mehr durchgeführt wurden, blieben diese Zusatztage bei jenem Monat, bei dem sie damals standen. Die Zeitrechnung nach der Ära Yazdegards ist somit ein Sonnenkalender mit 12 Monaten zu je 30 Tagen und 5 Zusatztagen, die dem achten Monat Aban folgen. Die Jahreszählung beginnt mit dem Jahr des Regierungsantritts Yazdegard III. Der 1. Farwardin 1 entspricht dem 16. Juni 632 julianisch.
Als infolge der Verschiebung des altpersischen Kalender gegen das Sonnenjahr in den Jahren 1005 bis 1008 der Jahresanfang wieder auf den Frühlingsbeginn fiel, nutzte man dies, um die Zusatztage erneut an das Ende des Jahres zu legen. Diese Umstellung des Kalenders wurde allerdings nicht überall angenommen. In einigen Gebieten des Iran blieb man noch lange bei der alten Form. Unter den Zaroastriern im Iran und den nach Indien ausgewanderten Parsen ist diese Zeitrechnung bis heute in Gebrauch, allerdings mit einigen kleinen Änderungen im Laufe der Jahrhunderte.
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Es ist klar, dass ein Kalender, dessen Jahresanfang in 1500 Jahren einmal alle Jahreszeiten durchläuft, für praktische Zwecke wie die Festlegung der Steuertermine sehr unbefriedigend ist. Unter dem grosse Seldschukenherrscher Dschelal ed-Din Malik Schah wurde der Kalender reformiert. Der Jahresanfang wurde nun auf den Tag des Frühlingsbeginns gelegt. Dieser Moment ist astronomisch zu bestimmen. Neujahrstag ist der Tag, an dem die Sonne vor 12 Uhr Mittags vom Zeichen der Fische in das Zeichen des Widders wechselt. Die 12 Monate haben weiterhin 30 Tage, die fünf Zusatztage blieben am Ende des Jahres. Ausgangspunkt der neuen Zeitrechnung ist der Frühlingsanfang des Jahres 1079. Der 1. Tag dieser Zeitrechnung entspricht dem 15. März 1076, einem Freitag. Da dieser Kalender auf astronomischen Berechnungen und Beobachtungen beruht, kennt er keine festgelegte Schaltregel.
Nachdem nun der Jahresbeginn astronomisch festgelegt worden war, war es naheliegend, nicht nur den ersten Monat sondern auch den Beginn der anderen Monate astronomisch zu bestimmen, das heisst, die Länge der Monate der Verweildauer der Sonne im jeweiligen Tierkreiszeichen anzupassen. Da die Bahngeschwindigkeit der Sonne auf ihrem Lauf um die Erde nicht konstant ist, schwankt die Dauer dieser Monate zwischen 29 und 32 Tagen.
Aus Zentralasien stammt eine Zeitrechnung, die für die Zählung der Jahre einen 12-jährigen Zyklus benutzt, in der jedem Jahr ein Tiername zugeordnet ist. Welcher Name welchem Jahr zugeordnet ist, kann man aus dem Kalenderrechner für die Mongolische Zeitrechnung ersehen. Nicht nur die Türken und Mongolen zählten ihre Jahr nach diesem System, auch in den Ländern Ost- und Südostasiens war diese Art verbreitet. Letztendlich ist dieser Tierzyklus auch die Grundlage des chinesischen Kalenders. Mit der mongolischen Eroberung kam diese Zählung auch in den Iran.
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Mit Gesetz vom 31. März 1925 wurde im Iran ein neuer Kalender eingeführt, der in vielem eine Restaurierung des Dschelal ed-Dinīschen Kalenders darstellt. Das Jahr beginnt mit dem Frühlingsbeginn. Nowruz ist der Tag, an dem die Sonne erstmals wieder zu Mittag im Zeichen des Widders steht seit sie dieses Zeichen in dem gerade zu Ende gegangenen Jahr verlassen hat. Die Jahreszählung beginnt mit dem Jahr der Hidschra des Propheten. Dem iranischen Jahr 1 entspricht demzufolge das julianisch-gregorianische Jahr 622/623, zwischen gregorianischem und iranischen Kalender besteht somit eine Differenz von 621 Jahren. Die Jahre werden in der Regel als hidschri schamsi (Sonnen-hidschra) bezeichnet im Gegensatz zu der Zählung nach Jahren des islamischen Mondkalenders, die hidschri qamari (Mond-hidschra) genannt wird.
Im März 1975 wurde eine Jahreszählung ab Gründung der iranischen Monarchie eingeführt, die allerdings nicht nur beim Klerus sondern auch in weiten Kreisen der Bevölkerung auf erheblichen Widerstand stiess und sich nicht durchsetzen konnte. Sie beginnt im Jahre 559 vor Christus. Die Jahreszählungen hidschri schamsi und schahanschahi unterscheiden sich um 1180 Jahre, ansonsten sind diese beiden Kalender absolut identisch. Bereits im August 1978 beschloss die Regierung, wieder zur alten Jahreszählung zurückzukehren. (Siehe hierzu auch die Umrechnungstabellen des neuiranischen Kalenders .)
Die Namen der Monate sind die gleichen die auch schon der altpersische zaroastrische Kalender nutzte. Bei der Einteilung des Jahres wurden völlig neue Wege beschritten. Um vom Frühlingspunkt bis zum Herbstpunkt zu gelangen braucht die Sonne 186 Tage und 10 Stunden, der Kalender sieht hier sechs Monate zu 31 Tagen, also 186 Tage vor. Vom Herbstpunkt bis zum Frühlingspunkt benötigt die Sonne 178 Tage und 20 Stunden, Der Kalender rechnet hier mit 179 Tagen, im Schaltjahr mit 180 Tagen. Wie man sieht, ist die Dauer der Monate einerseits dem Laufe der Sonne recht genau angepasst, andererseits ist diese Regelung klar und eindeutig, sie ist weder abhängig von astronomischen Berechnungen noch wirkt sie so willkürlich wie die Folge der Monatslängen beim abendländischen Kalender.
Die Islamischen Republik Iran übernahm den bestehenden Kalender unverändert. In Artikel 17 der Verfassung heisst es, der offizielle Kalender des Landes nimmt als Ausgangspunkt die Hidschra des Propheten. Sowohl der solare Kalender wie auch der islamische Kalender sind anerkannt, für staatliche Angelegenheiten gilt der solare Kalender. Freitag ist der offizielle wöchentliche Feiertag.
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Der heutige iranische Kalender lässt sich in seinen Grundzügen zurückverfolgen bis in die Zeit der Achämeniden. Seine Grundeinheit bildet das Sonnenjahr, das unterteilt wird in 12 Monate. Die ersten sechs Monate haben je 31 Tage, die folgenden fünf Monate je 30 Tage. Der letzte Monat zählt im Gemeinjahr 29 und im Schaltjahr 30 Tage. Dies ergibt eine Jahreslänge von 365 Tagen im Gemeinjahr und von 366 Tagen im Schaltjahr.
Das iranische Jahr ist rein astronomisch definiert. Es beginnt und endet jeweils in dem Moment, in dem der Sonnenmittelpunkt die aufsteigende Ekliptik schneidet. Der Tag, auf den dieses Ereignis fällt, ist der erste Tag des neuen Jahres, sofern dieser astronomische Frühlingsbeginn vor 12.00 Uhr Mittags iranischer Zeit eintritt, ansonsten wird Neujahr auf den folgenden Tag verschoben. Diese Regelung bewirkt, dass zwar grundsätzlich jedes vierte Jahr ein Schaltjahr ist, in mehr oder weniger regelmässigen Abständen jedoch ein fünfjähriges Schaltintervall eingeschoben werden muss.
Der häufig geäusserten Meinung, der iranische Kalender sei der genaueste der Welt, kann nur mit Vorbehalt zugestimmt werden. Naturgemäss ist ein astronomisch berechneter Kalender immer den Himmelsbewegungen angepasst, und er ist so genau, wie die Astronomen jeweils rechnen. Seit dem 20. Jahrhundert ist dies kein Problem mehr, ältere Daten sind jedoch nicht immer eindeutig zu bestimmen. Der Nachteil einer solchen Zeitrechnung ist jedenfalls, dass es immer einer wissenschaftlichen Institution bedarf, um Datierungen festzulegen. Im Iran ist dies das Institut für Geophysik der Universität Teheran.
Nachtrag 16.05.2006:
Steht eine Reform des iranischen Kalenders bevor?
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